Kontrollverlust? Wie Sie die Bindung zu Kindern wiederherstellen
In der Rebellionsphase von Teenagern hat man leicht das Gefühl, einem entgleiten die Kinder. Es kann hilfreich sein, auf seine Instinkte zu vertrauen.
Die Erziehung von Kindern ist eine Herausforderung. Insbesondere in einer Zeit, in der Social Media und jugendliche Rebellion allgegenwärtig sind.
Es kann sich anfühlen, als ob unsere Kinder uns entgleiten. Doch es gibt Hoffnung – und sie liegt näher als wir denken.
Ihr Sohn hat kein Problem: Sie haben eins
Gabor Maté, ein renommierter Autor und Arzt aus Vancouver, erinnert sich an eine Situation mit seinem achtjährigen Sohn Daniel. Daniels Wutanfälle bereiteten seinen Eltern so viel Sorge, dass sie ihn zum bekannten Entwicklungspsychologen Gordon Neufeld brachten.
Die Diagnose war überraschend: «Ihr Sohn hat kein Problem. Sie haben eins», hiess es.
Maté musste erkennen, dass das Verhalten seines Sohnes nicht das eigentliche Problem darstellte, sondern seine eigene Reaktion darauf.
Warum Eltern mehr zählen sollten als Gleichaltrige
Inspiriert durch diese Erfahrung schrieben Maté und Neufeld gemeinsam ein Buch namens «Unsere Kinder brauchen uns». Das Werk wurde bereits in 15 Sprachen übersetzt und behandelt die These der Autoren:
Probleme im Verhalten unserer Kinder sind eigentlich Beziehungsprobleme. Sie führen dies auf etwas zurück, was sie «Peer-Orientierung» nennen.
Dabei handelt es sich um die zunehmende Bindung von Kindern an Gleichaltrige, welche die primäre Bindung zu den Betreuungspersonen ersetzt. Die Beziehung zu den Eltern sollte gestärkt werden.
Ich werde sie einfach zurückgewinnen
Maté setzte diese Erkenntnisse bei seiner eigenen Tochter um, als sie 15 Jahre alt war. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten gelang es ihm schliesslich, eine engere Beziehung zu ihr aufzubauen.
„Nun, es war ihr im Allgemeinen nicht so wichtig, Zeit mit mir zu verbringen“, gibt Maté zu. Aber er wollte mit ihr zusammen sein und ihr gefiel die Idee, auswärts zu essen.
Also gingen sie einmal in der Woche zum Abendessen. Jahrelang behielten sie ihr Datum bei.
Manchmal liefen die Abendessen schlecht, aber in der nächsten Woche würden sie wieder zurück sein. Diese Abende wurden zu einem heiligen Ort.
Jeder Fehler in diesem Buch: Ich habe ihn gemacht
Matés Weg zur Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung war nicht frei von Fehlern – ganz im Gegenteil. Von der Anwendung der Auszeit-Methode über den Gebrauch einer genervten oder kalten Stimme bis hin zur Vernachlässigung ausreichender Zeit mit seinen Kindern:
Maté gesteht ein, jeden dieser Fehler begangen zu haben. Doch er lernte daraus und gibt sein Wissen nun weiter.
Die Schlüsselstrategie ist das Wiederentdecken des elterlichen Instinkts und das Ignorieren von Büchern oder Ratschlägen, die Elternschaft als erlernbare Expertise darstellen.
Zurück zum Instinkt
Nach Matés Ansicht sollten Eltern ihre Kinder behandeln wie jeden anderen geliebten Menschen auch: mit Freundlichkeit, Bereitschaft zu Umarmungen und ausreichender gemeinsamer Zeit.
Es geht darum, sich selbst als in einer Beziehung mit den Kindern zu sehen. Das klingt einfach – doch je älter die Kinder werden, desto schwieriger kann es sein, diesen Instinkten zu folgen.
Doch jeder kann das schaffen.