Überlebende von Kinderkrebs brauchen spezialisierte Nachsorge

Marvin Kahlenberg
Marvin Kahlenberg

Am 08.09.2024 - 11:36

Die Folgen einer Krebserkrankung im Kindesalter wirken ein Leben lang nach. Eine umfassende Nachsorge ist laut Gesundheitsexperten daher unerlässlich.

Patient, Arzt, Klinik
Eine gut organisierte medizinische Nachsorge inklusive regelmässiger Untersuchungen ist laut Studie für Überlebende von Kinderkrebs von entscheidender Bedeutung. - Depositphotos

In einer Medienmitteilung informiert die Insel Gruppe über neue Erkenntnisse zu den Nachsorge-Bedürfnissen von Kinderkrebs-Überlebenden.

Eine neue Studie des Inselspitals, Universitätsspital Bern, und der Universität Bern, in Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital Baselland, zeigt: Überlebende von Kinderkrebs in der Schweiz sind mit vielfältigen gesundheitlichen Herausforderungen konfrontiert.

Spezialisierte, interdisziplinäre Nachsorgesprechstunden unter der Leitung von Internisten bieten umfassende Unterstützung. Die Studie hebt die Bedeutung multidisziplinärer Betreuung hervor und fordert eine breitere Implementierung solcher Sprechstunden im ganzen Land.

Nachsorge von grosser Bedeutung

In der Schweiz leben aktuell über 7000 Erwachsene, die eine Krebserkrankung im Kindesalter überlebt haben. Diese sogenannten «Adult Childhood Cancer Survivors» (kurz ACCS) leiden oft an gesundheitlichen Problemen, die sich im Laufe ihres Lebens verschlimmern und zu einer höheren Sterblichkeit führen.

Kantonsspital Baselland
Die Studie der Insel Gruppe erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital Baselland. - Depositphotos

Nebst dem erhöhten Risiko einer erneuten Krebserkrankung stellt langfristig gesehen die Organtoxizität eine grosse Herausforderung für die Gesundheit von ACCS dar. Unter Organtoxizität versteht man die schädigende Wirkung, die bestimmte Medikamente, Chemikalien oder Strahlentherapien, die zur Krebsbehandlung eingesetzt werden, auf gesunde Zellen und Gewebe haben können.

Diese Schäden an verschiedenen Organen können sofort nach der Behandlung auftreten oder aber sich erst Jahre später bemerkbar machen. Sie nehmen mit fortschreitendem Alter zu. Deshalb ist eine lebenslange, spezialisierte Nachsorge für Überlebende von Kinderkrebs von grosser Bedeutung.

Hohe Zufriedenheit trotz häufiger gesundheitlicher Probleme

In einer kürzlich veröffentlichten Studie haben die Experten nun die Gesundheitsprobleme und die gesundheitsbezogene Lebensqualität von ACCS untersucht. Die Studie analysierte die Daten von 102 erwachsenen Überlebenden von Kinderkrebs, die die spezialisierten Nachsorgesprechstunden besucht haben.

Die Ergebnisse zeigen, dass die grosse Mehrheit (94 Prozent) der ACCS gesundheitliche Probleme aufwies, welche durchschnittlich sechs Organsysteme betrafen. Besonders auffällig war, dass ältere ACCS häufiger schwerwiegende Gesundheitsprobleme hatten und über eine schlechtere körperliche und mentale Lebensqualität berichteten als die Schweizer Allgemeinbevölkerung und jüngere ACCS.

Trotz dieser Herausforderungen äusserten die meisten Patientinnen und Patienten eine hohe Zufriedenheit mit der Nachsorge und den bereitgestellten Gesundheitsinformationen in den Sprechstunden.

Zusammenarbeit und finanzielle Herausforderungen

Die Studienresultate unterstreichen die Vorteile einer umfassenden, von Internisten geleiteten multidisziplinären Betreuung. So profitierten auch Patienten, die zuvor keine regelmässige, risikoadaptierte Nachsorge hatten, von den Sprechstunden.

Dr. med. Eva Maria Tinner, Oberärztin der Kinderklink am Inselspital und Koordinatorin für das Nachsorgeprojekt am Kantonsspital Baselland, erläutert: «Die Ergebnisse unserer Studie belegen die Dringlichkeit und den Nutzen von spezialisierten Nachsorgesprechstunden für erwachsene Überlebende von Kinderkrebs.»

Sprechstunde, Arzt,
Mit regelmässigen Sprechstunden möchte man Kinderkrebs-Überlebende begleiten. - Depositphotos

«Eine enge Zusammenarbeit zwischen pädiatrischen Onkologinnen und Onkologen und erfahrenen Internistinnen und Internisten ist entscheidend, um die vielfältigen Gesundheitsprobleme der ACCS effektiv zu adressieren», so Tinner in der Medienmitteilung. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass weitere Forschung notwendig ist, um die Kosteneffizienz und verbesserten klinischen Ergebnisse spezialisierter Nachsorgesettings aufzuzeigen.

Vertiefende qualitative Studien könnten zudem helfen, die Bedürfnisse der ACCS noch besser zu verstehen und das Nachsorgemodell weiter zu optimieren.

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