Chemikalien mit Hacker-Potenzial: Gesundheitsfallen im Alltag

Marvin Kahlenberg
Marvin Kahlenberg

Am 13.10.2024 - 18:45

Sie sind unsichtbar, fast allgegenwärtig und können unsere Gesundheit erheblich beeinträchtigen – endokrine Disruptoren. Das müssen Sie wissen.

Chemikalien, Symbole
Warnsymbole, die auf gefährliche Chemikalien hinweisen, findet sich auch auf zahlreichen Haushaltsprodukten. - Depositphotos

Endokrine Disruptoren, auch Umwelthormone genannt, sind überall zu finden – in Kosmetika, Hygieneprodukten oder Lebensmittelverpackungen. Sie greifen zum Teil bereits vor der Geburt in das menschliche Hormonsystem ein.

Im schlimmsten Fall können endokrine Disruptoren zur Entstehung verschiedener Krankheiten wie ADHS, Diabetes und sogar Krebs beitragen. Besorgniserregend ist auch, dass eine frühe Belastung durch bestimmte Chemikalien bei Heranwachsenden zu einer verfrühten Pubertät führen kann.

Zu den bekanntesten und am meisten untersuchten endokrinen Disruptoren zählen Pestizide, Schwermetalle sowie Bisphenol A und Parabene.

Hormoneller Hackerangriff

Natürliche Hormone fungieren als Botenstoffe im Körper. Endokrine Disruptoren stören dieses Kommunikationsnetzwerk jedoch massiv.

Frau, Parfum
Auch in vielen Parfums und Düften finden sich synthetische Stoffe, die den Hormonhaushalt durcheinanderbringen können. - Depositphotos

Sie agieren quasi als «Hacker» des hormonellen Nachrichtensystems. Sie können jeden Teil des Kommunikationsprozesses stören, sei es durch Veränderung des Hormontransports, Blockierung von Rezeptoren oder Verzerrung des Wachstums hormonproduzierender Zellen.

Bisher wurden über 2000 Chemikalien identifiziert, die in der Lage sind, endokrine Prozesse zu stören und die Gesundheit zu beeinträchtigen. Und das könnte laut Medizinern erst der Anfang sein.

Chemische Zeitbomben

Zu den besorgniserregendsten endokrinen Disruptoren gehören polybromierte Verbindungen, Phthalate und Phenole sowie perfluorierte Chemikalien (PFAS). Diese Stoffe haben nicht nur Auswirkungen auf das Hormonsystem, sondern sind auch extrem langlebig – sowohl in der Umwelt als auch im menschlichen Körper.

Neben Schäden am Immunsystem und diversen Organen können die Chemikalien gar Unfruchtbarkeit verursachen. Darüber hinaus wurden sie mit Diabetes und Fettleibigkeit in Zusammenhang gebracht und stehen im Verdacht, Gehirnfunktionen sowie neurologische Entwicklungsprozesse zu beeinflussen.

Ungeborene Babys besonders gefährdet

Die pränatale Phase ist ein kritischer Moment für die Exposition gegenüber endokrinen Disruptoren: Die Chemikalien können die mütterliche Plazenta passieren und so möglicherweise die Gesundheit des Kindes langfristig beeinträchtigen.

Seife, handgemacht
Die bessere Alternative: mit handgemachten Seifen und hochwertigen Beauty-Produkten schützen Sie sich zumindest teilweise vor einer hohen Chemikalienbelastung. - Depositphotos

Ebenfalls kritisch ist die präpubertäre Zeit, in der der Körper auf hormonelle Aktivität vorbereitet wird.

Gemeinsam stärker – Forschung blickt auf Kombinationen

Endokrinologen sind sich einig, dass es weiterer Forschung bedarf, um den Einfluss dieser Stoffe genauer zu ermitteln. Dabei gilt es insbesondere auch, die Auswirkungen von Chemikalienkombinationen in Betracht zu ziehen.

Klare Richtlinien für die Öffentlichkeit sind indessen noch immer Mangelware. Bis dahin gilt es, Chemikalien in Kleidung, Nahrung, Wasch- oder Putzmitteln möglichst zu vermeiden und die Listen der Inhaltsstoffe immer ganz genau zu lesen.

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