Stents mit abbaubarer Kunststoffbeschichtung in der Kritik
Eine Studie der Insel Gruppe zeigt: Stents mit abbaubarer Beschichtung sind nicht besser als die klassischen Exemplare. Viel wichtiger ist ein anderer Faktor.
In einer Medienmitteilung der Insel Gruppe werden die Ergebnisse einer aktuellen Studie zu Stents mit abbaubarer Kunststoffbeschichtung diskutiert. Der Nutzen dieser Art der Stents ist demnach zweifelhaft.
Stentimplantationen im Überblick
Stentimplantationen sind einer der am häufigsten durchgeführten kardiologischen Eingriffe weltweit. Stents werden eingesetzt, um verengte Herzkranzgefässe zu öffnen und das Risiko eines erneuten Herzinfarkts zu reduzieren.
Während die Langzeitergebnisse nach einer Stentimplantation in den meisten Fällen positiv sind, treten dennoch bei etwa ein bis zwei Prozent der Patientinnen und Patienten pro Jahr späte Komplikationen auf. Eine häufige Ursache dieser Komplikationen ist ein Phänomen, das als Neoatherosklerose bezeichnet wird.
Eine Neoatherosklerose tritt auf, wenn sich neue Cholesterinablagerungen in der Gefässinnenhaut des Stents bilden, was zu einer Verstopfung des Stents führen kann. Die Vermeidung einer solchen Neoatherosklerose verkleinert das Risiko, Stentkomplikationen Jahre nach deren Implantation zu erleiden.
Unterschiede bei der Stentbeschichtung
Heutige Stents sind oft mit einem Medikament beschichtet, das verhindert, dass die Gefässinnenhaut zu stark wächst und den Stent verstopft. Diese medikamentenfreisetzenden Stents haben eine dünne Kunststoffschicht (Polymer) auf den Metallstreben, die das Medikament an die Gefässwand abgibt.
Bei einigen Stents bleibt diese Kunststoffschicht dauerhaft bestehen, während sie sich bei anderen Stents, den sogenannten «Stents mit biodegradierbarem Polymer», nach einigen Monaten von selbst auflöst. Man hoffte bislang, dass die Auflösung der Kunststoffschicht die Entzündung in der Gefässwand verringern und somit das Risiko für erneute Ablagerungen (Neoatherosklerose) reduzieren könnte.
Ob dies tatsächlich so ist, war jedoch unklar.
Vergleich von Stenttypen bei Herzinfarktpatienten
Eine Studie unter Leitung der Universitätsklinik für Kardiologie am Inselspital Bern in Zusammenarbeit mit sechs japanischen Krankenhäusern ging dieser Frage nach. Für die Studie wurden 239 Herzinfarkt-Patientinnen und -Patienten zufällig entweder mit einem Stent mit abbaubarer Beschichtung oder einem Stent mit dauerhafter Kunststoffbeschichtung behandelt.
Drei Jahre später wurde die Innenseite der Stents im Herzkatheterlabor mit einer hochauflösenden Kamera auf Anzeichen von Neoatherosklerose untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass in beiden Gruppen ähnlich häufig Neoatherosklerose auftrat (11,4 Prozent bei den Stents mit abbaubarer Beschichtung im Vergleich zu 13,3 Prozent bei den herkömmlichen Stents).
Stents mit abbaubarer Beschichtung bieten demnach keinen Vorteil gegenüber Stents mit dauerhafter Kunststoffschicht.
Langfristiger Schutz durch Statine
Laut Prof. Räber, dem Leiter des Herzkatheterlabors, brachte die Studie aber noch eine weitere interessante Entdeckung ans Licht: Bei Patienten, die über drei Jahre hinweg ihre Cholesterinsenker regelmässig einnahmen, trat deutlich seltener neue Neoatherosklerose in den Stents auf als bei denjenigen, die diese Therapie nicht konsequent befolgten (8,5 Prozent im Vergleich zu 27,8 Prozent).
Diese Ergebnisse sind für die Behandlung von Patientinnen und Patienten nach einem Herzinfarkt von grosser Bedeutung. Während die Wahl des Stenttyps möglicherweise weniger ausschlaggebend ist, unterstreicht die Studie die zentrale Rolle der konsequenten Einnahme von Cholesterinsenkern.
«Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, dass Patientinnen und Patienten nach einer Stentimplantation ihre Cholesterinwerte im Auge behalten», betont Prof. Räber. «Eine konsequente Senkung des Cholesterins ist entscheidend, um spätere Komplikationen zu vermeiden.»