FOFO – Die Angst, die uns vom Arzt fernhält

Janine Karrasch
Janine Karrasch

Wir alle kennen FOMO – die Angst, etwas zu verpassen. Doch hast du schon von FOFO gehört? Nein, das ist kein neuer Trend aus den sozialen Medien.

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FOFO bezeichnet die Angst davor, eine unangenehme oder schlechte gesundheitliche Diagnose zu erfahren. - Depositphotos

Du kennst sicher das Phänomen: Der Brief vom Arzt liegt seit Tagen ungeöffnet auf dem Küchentisch, während du dir alle möglichen Szenarien ausmalst.

Oder du schiebst den Termin zur Krebsvorsorge schon zum dritten Mal auf, obwohl deine Krankenkasse die Kosten übernimmt. Was du vielleicht nicht weisst: Du bist damit nicht allein – und dieses Verhalten hat sogar einen Namen.

Wenn Nichtwissen zur Strategie wird: Das steckt hinter der «Fear of Finding Out»

FOFO steht für «Fear of Finding Out» – die Angst vor dem Herausfinden. Während FOMO (Fear of Missing Out) uns dazu treibt, überall dabei zu sein, bewirkt FOFO genau das Gegenteil.

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Ein verbreiteter Gedanke bei FOFO ist: «Wenn ich nicht weiss, dass ich krank bin, dann ist es auch nicht da.» - Depositphotos

Es lässt uns wichtige Informationen aktiv vermeiden, besonders wenn es um unsere Gesundheit geht. Eine aktuelle US-amerikanische Studie zeigt, dass drei von fünf Erwachsenen empfohlene Gesundheitsuntersuchungen meiden – aus Angst vor schlechten Nachrichten oder peinlichen Situationen.

Noch alarmierender: Nur 51 Prozent der Befragten gingen 2025 zu Routineuntersuchungen oder Krebsvorsorge – ein Rückgang von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Psychologie des Wegsehens: Besonders Menschen mit Angststörungen betroffen

FOFO entspringt einem urmenschlichen Bedürfnis nach Kontrolle über ungewisse Situationen. Psychologin Lynn Bufka erklärt es bei «Time» so: «Viele Ängste treiben uns zur Vermeidung – wir wollen dem ausweichen, was uns erschreckt.»

Diese Reaktion ist besonders stark bei Menschen mit Angststörungen, aber auch völlig gesunde Personen können davon betroffen sein. Die Wurzeln reichen oft tief: Schlechte Erfahrungen im Gesundheitssystem, die Furcht vor einer stigmatisierenden Diagnose oder schlicht die Angst vor Ärzten können FOFO auslösen.

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Die Angst vor notwendigen Behandlungen nach einer Diagnose, die möglicherweise das Leben verändern, ist ein weiterer Grund, warum Patienten Untersuchungen meiden. - Depositphotos

Manchmal ist es auch die Befürchtung, zu ungewollten Behandlungen gedrängt zu werden oder den Lebensstil ändern zu müssen. Das Warten auf Testergebnisse verstärkt diese Ängste zusätzlich.

Digitale Selbstdiagnose: Wenn Dr. Google zur Ersatzdroge wird

Paradoxerweise führt FOFO oft zu einem anderen Extrem: dem zwanghaften Googeln von Symptomen. Menschen, die Vorsorgeuntersuchungen meiden, konsultieren Dr. ChatBot oder Dr. Google.

Besonders problematisch wird es, wenn FOFO zu sozialer Isolation führt. Menschen ziehen sich zurück, weil sie schwierige Gespräche oder Situationen fürchten – ein Teufelskreis, der bestehende Ängste verstärkt.

Der Weg aus der Vermeidungsfalle: Wie man FOFO den Kampf ansagt

Der erste Schritt zur Überwindung von FOFO ist eine ehrliche Kosten-Nutzen-Analyse. Frage dich: Was sind die Vorteile einer Untersuchung im Vergleich zu den Risiken des Vermeidens? Langfristig überwiegen fast immer die Vorteile der Früherkennung.

Was passiert, wenn ich das weiter vermeide? Ist es das Risiko wert? Wie werde ich in einem Jahr über diese Entscheidung denken? Psychologen empfehlen, sich bewusst zu machen, dass nicht Angst die Entscheidungen treffen sollte.

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FOFO kann nicht nur zu körperlichen Gesundheitsproblemen führen, sondern auch das psychische Wohlbefinden beeinträchtigen. Ein Gespräch mit dem Arzt kann meist helfen. - Depositphoto

Wenn FOFO dich wirklich blockiert, sprich offen mit deinem Arzt darüber. Gemeinsam könnt ihr einen Plan entwickeln, der auch Strategien für die Wartezeit auf Ergebnisse einschliesst. Manchmal hilft es auch, mehrere Termine an einem Tag zu bündeln oder eine Vertrauensperson mitzunehmen.

Letztendlich ist es wichtig zu verstehen: Die Vorstellung aus deiner Fantasie ist oft schlimmer als die Realität. Entweder du bekommst die Erleichterung, dass alles in Ordnung ist, oder du weisst endlich, womit du es zu tun hast – und kannst entsprechend handeln.

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