Bierhefe: Ein unerwarteter Helfer im Kampf gegen Krebs
Forschern der University of Virginia zufolge haben Zellen aus Bierhefekulturen ähnliche Überlebensstrategien wie Krebszellen im menschlichen Körper.
Zellen aus Bierhefekulturen haben ähnliche Überlebensstrategien wie Krebszellen im menschlichen Körper. Das will sich die Krebsforschung nun zunutze machen.
Denn: Wenn die Überlebensstrategie von Bierhefe Parallelen zur Ausdauer von Krebszellen aufweist, lassen sich daraus möglicherweise wichtige medizinische Erkenntnisse gewinnen.
Hefe- und Krebszellen mit Tiefschlaf-Strategie
Krebszellen sind dafür bekannt, dass sie auch unter extremen Bedingungen überleben können – ähnlich wie Hefezellen. Diese schalten in eine Art «Überlebensmodus», wenn für sie keine Nahrung in greifbarer Nähe ist.
Ein Team an der medizinischen Fakultät der Universität von Virginia hat sich intensiv mit diesem Phänomen beschäftigt. Eine wesentliche Erkenntnis ihrer Forschungsarbeit lautet, dass die Hefezellen in der Lage sind, ihren Stoffwechsel extrem herunterzufahren.
Im «Tiefschlaf» überleben sie auch dann noch, wo andere Zellen unter denselben Umständen schon längst abgestorben wären.
Uralte Brautradition liefert neue Erkenntnisse
Forschungsgegenstand war die Schizosaccharomyces pombe, eine sogenannte Spalthefe. Der Biochemiker Paul Nure erhielt im Jahr 2001 einen Nobelpreis für seine Erkenntnisse über die aussergewöhnliche Zellzyklusregulation der Spalthefe.
Seit Jahrhunderten wird sie für die Herstellung von Bier verwendet und weist erstaunliche Ähnlichkeiten mit menschlichen Zellen auf.
Ribosomen verantwortlich für ungestörten Zellschlaf?
Die Wissenschaftler aus Virginia konnten nun beobachten, was in den Hefezellen passiert, wenn sie in den «Schlafmodus» wechseln.
Ihre Mitochondrien – die Kraftwerke der Zellen – werden von Ribosomen überzogen, komplexen Molekülen, die normalerweise für die Proteinherstellung in Zellen veranwortlich sind, und zwar in einer bisher nie gesehenen Form.
Eine Erklärung für dieses Phänomen hat die Wissenschaft noch nicht. Die Ribosomen übernehmen möglicherweise eine Schutzfunktion für die Mitochondrien, sodass die Zelle sich nicht selbst verdaut und später wieder aktiv werden kann.
Neue Waffe im Kampf gegen Krebs
Unklar bleibt vorerst, welche Prozesse den «Schlafmodus» der Krebszellen im Detail steuern: wie sie «einschlafen» und vor allem, was sie wieder aktiviert.
Doch schon jetzt könnten die Erkenntnisse aus der Forschung mit Bierhefe eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung der Krebsmedizin spielen.
Die Wissenschaft hofft darauf, neue Marker finden zu können, mit denen sich «schlafende» Krebszellen im menschlichen Körper identifizieren lassen. Denn in bisherigen Diagnoseverfahren stellte das immer wieder eine enorme Herausforderung dar.