Medikamente gegen Alzheimer: Revolution oder Flop?
Medikamente gegen Alzheimer versprechen Fortschritte. Doch bringen sie wirklich die erhoffte Wende?
Die US-amerikanische «Food and Drug Administration» (FDA) hat einige Medikamente zur Behandlung von Alzheimer zugelassen. Aber bringen diese wirklich den erhofften Durchbruch?
Die Alzheimer-Krise
Alzheimer ist eine neurodegenerative Krankheit. Sie ist gekennzeichnet durch einen allmählichen und unumkehrbaren Rückgang von Gedächtnis, Denken und schliesslich der Fähigkeit zur Ausführung täglicher Aktivitäten.
Mit dem Altern als Haupt-Risikofaktor stellt sie angesichts einer rasch alternden Bevölkerung eine öffentliche Gesundheitskrise dar.
Bedarf an Therapien gegeben
Im Jahr 2019 waren weltweit etwa 57 Millionen Menschen von Alzheimer betroffen. Bis zum Jahr 2050 könnte diese Zahl auf 153 Millionen steigen.
Es besteht also ein dringender Bedarf an Therapien, die den Verlauf dieser Krankheit nachhaltig verändern und ihre Fortschritte verlangsamen können.
Neue Medikamente: Tropfen auf heissem Stein?
Aducanumab war das erste in diesem Zusammenhang zugelassene Medikament, es richtet sich gegen Ablagerungen des Amyloid-Beta-Proteins im Gehirn. Doch trotz grosser Hoffnungen zeigte es in klinischen Studien keine konstante Verbesserung der kognitiven Funktionen bei Patienten.
Seitdem wurden jedoch zwei weitere Antikörper gegen Amyloid, Lecanemab und Donanemab, zugelassen. Sie haben in Phase-3-Studien eine Verlangsamung des kognitiven Abbaus bei Menschen mit früher Alzheimer-Krankheit gezeigt.
Durchbruch – oder nur Hoffnungsschimmer?
Die Zulassung dieser beiden Medikamente wurde von Klinikern und Forschern als Durchbruch gefeiert.
Allerdings gibt es auch Bedenken hinsichtlich der bescheidenen klinischen Vorteile dieser Antikörpertherapien. Und auch wegen ihrer Sicherheitsrisiken und mangelnden Kostenwirksamkeit.
Hypothesen und Wirklichkeit: Die Rolle des Beta-Amyloid-Proteins
Die Entwicklung der Anti-Amyloid-Antikörpertreatments basiert auf der sogenannten Amyloid-Kaskaden-Hypothese. Sie geht davon aus, dass eine Anreicherung des Beta-Amyloid-Proteins zu Veränderungen im Gehirn und zur Entwicklung von Alzheimer führen.
Neue Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass nicht Plaques an sich toxisch sind, sondern eher kleinere Aggregate dieses Proteins (Oligomere). Sie spielen möglicherweise eine grössere Rolle bei der Entstehung von Alzheimer.
Einfluss neuer Medikamente auf die kognitive Funktion
Trotz der Fähigkeit von Aducanumab, Amyloid-Plaques zu beseitigen, waren seine Auswirkungen auf die kognitive Funktion in verschiedenen Studien inkonsistent. Die Zulassung des Medikaments trotz fehlender Belege für seine therapeutischen Wirkungen führte zu Kontroversen und einer Zurückhaltung bei der Verschreibung.
Im Gegensatz dazu haben Donanemab und Lecanemab gezeigt, dass sie sowohl Amyloid-Plaques entfernen als auch den Krankheitsverlauf verlangsamen können. Besonders effektiv sind sie bei Menschen mit frühzeitigem Alzheimer und niedrigeren Basiswerten an Beta-Amyloid.
Die Sicherheit neuer Alzheimer-Medikamente: Ein zweischneidiges Schwert?
Obwohl diese neuen Therapien Hoffnung bringen, müssen ihre bescheidenen klinischen Vorteile gegen die Risiken, Kosten und Zugänglichkeit abgewogen werden. In Phase-3-Studien wurden Nebenwirkungen bei einem erheblichen Anteil der Teilnehmer festgestellt.
Zudem haben diese Behandlungen oft Veränderungen im Gehirn zur Folge, was regelmässige MRT-Scans und ärztliche Nachuntersuchungen erforderlich macht.
Sind wir am Ziel oder erst am Anfang?
Einige Forscher argumentieren daher, dass Anti-Amyloid-Therapien nur einen bescheidenen klinischen Nutzen bieten. Es bleibt also noch viel zu tun auf dem Weg zur effektiven Behandlung von Alzheimer.
Und die neuen Medikamente sind dabei nur ein erster Schritt.