Immer mehr erwachsene Frauen werden mit ADHS diagnostiziert

Judith Heede
Judith Heede

Am 02.09.2024 - 15:26

So schnell wir bei aufgedrehten Kindern mit der Diagnose sind, so lange dauert es, bis ADHS bei erwachsenen Frauen erkannt wird. Das ändert sich jetzt.

Frau am Schreibtisch kann sich nicht konzentrieren.
Probleme sich zu konzentrieren, ständige Erschöpfung und Überforderung sind Symptome von Erwachsenen-ADHS. - Depositphotos

Es ist ein verstecktes Problem, das lange Zeit übersehen wurde: ADHS, häufig mit unruhigen Kindern assoziiert, zeigt sich auch immer häufiger bei erwachsenen Frauen – nur in ganz anderer Form.

Viele Jahre lang glaubte man, dass vor allem Jungen von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) betroffen sind. Doch Studien zeigen nun, dass auch Frauen darunter leiden – und oft wissen sie es nicht einmal.

Andere Symptome als bei Kindern

Frauen mit ADHS kämpfen im Verborgenen. Ihre Symptome unterscheiden sich deutlich von denen bei Kindern und Männern oder werden anders wahrgenommen.

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Wer sich ständig überfordert fühlt und nicht bei der Sache bleiben kann, könnte unter ADHS leiden. - depositphotos

Sie leiden unter innerer Unruhe, können sich schlecht konzentrieren und fühlen sich ständig überfordert. Doch statt Hilfe zu suchen, geben viele Frauen sich selbst die Schuld für ihr scheinbares Versagen im Alltag.

Frauen leiden im Verborgenen

Diese innere Unruhe und das Gefühl der Überforderung sind oft schwer zu erkennen. Während Männer mit ADHS häufig durch auffälliges Verhalten auf sich aufmerksam machen, versuchen Frauen, ihre Schwierigkeiten zu verbergen.

Sie bemühen sich, den Anforderungen des täglichen Lebens gerecht zu werden, was zu einem Teufelskreis aus Selbstzweifeln und Erschöpfung führt.

Auf der Suche nach Antworten

Lange Zeit wurden diese Probleme nicht mit ADHS in Verbindung gebracht. Ärzte diagnostizierten Depressionen oder Angststörungen, ohne den wahren Grund zu erkennen.

Dies liegt daran, dass die Symptome von ADHS bei Frauen oft subtiler und weniger offensichtlich sind. Erst in den letzten Jahren beginnt ein Umdenken.

Immer mehr Fachleute erkennen die spezifischen Anzeichen von ADHS bei Frauen und bieten angepasste Behandlungsmöglichkeiten an. Diese Entwicklung ist entscheidend, da eine richtige Diagnose der erste Schritt zu einer wirksamen Behandlung ist.

Ist ADHS eine Frage des Alters?

Besonders auffällig ist: Viele Frauen erhalten ihre Diagnose erst im Erwachsenenalter. Als Kinder fallen sie weniger durch Hyperaktivität auf als durch Träumereien und eine innere Unruhe.

Diese Tendenz zum «Stillsein» führt dazu, dass ihre Symptome oft bis ins Erwachsenenalter hinein ignoriert oder falsch interpretiert werden. Diese späte Diagnose kann schwerwiegende Folgen haben.

Viele Frauen haben Jahre oder sogar Jahrzehnte damit verbracht, sich mit unerkannten Symptomen zu quälen. Die späte Erkenntnis, dass ihre Probleme auf ADHS zurückzuführen sind, kann einerseits eine Erleichterung, andererseits aber auch frustrierend sein, weil so viel Zeit verloren gegangen ist.

Mehr als nur chaotisch und unkonzentriert

Für Aussenstehende mag es so aussehen, als seien betroffene Frauen einfach nur vergesslich oder chaotisch. Was viele nicht sehen: Hinter diesem Verhalten steckt eine ernsthafte Störung des Nervensystems.

Gestresste junge Frau, die in einem chaotischen Raum sitzt.
Selbst einfache Aufgaben wie das Aufräumen können mit ADHS zum riesigen Aufwand werden. - Depositphotos

Selbst einfache Aufgaben erfordern einen enormen Kraftaufwand und führen zu einem Gefühl der Überlastung und Erschöpfung – sowohl physisch als auch psychisch. Diese Herausforderungen betreffen alle Bereiche des Lebens.

Berufliche Aufgaben können überwältigend erscheinen, und soziale Beziehungen leiden, weil betroffene Frauen oft das Gefühl haben, nicht mithalten zu können. Dies führt zu zusätzlichem Stress und verstärkt die Symptome.

Der lange Weg bis zur Diagnose

Der Weg zur Diagnose kann für viele Frauen lang und frustrierend sein. Häufig wird ADHS mit anderen psychischen Störungen verwechselt, was zu Fehlbehandlungen führt.

Ein genauer Blick auf die Lebensgeschichte und die spezifischen Symptome ist notwendig, um die richtige Diagnose zu stellen. Ein umfassender Diagnoseprozess sollte daher sowohl psychologische als auch medizinische Untersuchungen umfassen.

Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Aspekte der Störung erkannt und angemessen behandelt werden.

Angepasste Behandlungsmöglichkeiten

Obwohl der Weg zur Diagnose oft steinig ist, gibt es Hoffnung. Mit der richtigen Unterstützung und Behandlung können Frauen mit ADHS lernen, ihre Symptome zu managen und ein erfülltes Leben zu führen.

Medikamente, Verhaltenstherapie und Coaching sind nur einige der möglichen Ansätze, die individuell angepasst werden können. Eine wirksame Behandlung von ADHS bei Frauen kombiniert oft verschiedene Ansätze.

Psychologe und Patient bei der Therapie.
In der Therapie von Suchterkrankungen ist es entscheidend, das zugrunde liegende Trauma zu erkennen und zu behandeln. - Depositphotos

Medikamente verbessern die Konzentration und reduzieren die Impulsivität. Gleichzeitig können Verhaltenstherapien dabei unterstützen, neue Strategien im Umgang mit den alltäglichen Herausforderungen zu entwickeln.

ADHS bei Frauen ist ein komplexes Thema

Coaching und Selbsthilfegruppen bieten zusätzlichen Halt. Hier können betroffene Frauen Erfahrungen austauschen und voneinander lernen.

Das Gefühl, nicht allein zu sein, kann dabei helfen, die eigenen Schwierigkeiten besser zu bewältigen.

Die zunehmende Aufmerksamkeit und das wachsende Verständnis für diese Störung sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es ist an der Zeit, das Schweigen zu brechen und betroffenen Frauen die Unterstützung zu geben, die sie brauchen.

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