Kleinkinder mit Autismus: Wann eine Neubewertung sinnvoll ist
Die dynamische frühkindliche Entwicklung unterstreicht die Notwendigkeit regelmässiger Untersuchungen und Neubewertungen bei Kleinkindern mit Autismus.
Es ist eine Diagnose, die das Leben einer Familie von Grund auf den Kopf stellt – Autismus.
40 Prozent der Kinder, die als Kleinkinder mit Autismus diagnostiziert wurden, erfüllen im frühen Schulalter nicht mehr die Kriterien für die Erkrankung.
Diese überraschenden Erkenntnisse stammen aus einer Studie des Boston Children's Hospital unter der Leitung von Dr. Elizabeth Harstad. Sie wurden kürzlich in JAMA Pediatrics veröffentlicht.
Unterschiedliche Entwicklungsverläufe sorgen für ein individuelles Krankheitsbild
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kinder mit Autismus sehr unterschiedliche Entwicklungsverläufe haben können. Dies sei eine sehr wichtige Information für Familien, erläutert Dr. Harstad.
Die Ärztin betont zudem die Notwendigkeit regelmässiger Nachuntersuchungen zur Beurteilung des Fortschritts eines Kindes. Aber auch Fragen nach effektiveren Interventionen werden durch die Studie aufgeworfen.
Denn von den 213 untersuchten Kindern erhielten 94 Prozent autismusspezifische Behandlungen. Hierbei handelte es sich meistens um eine angewandte Verhaltensanalyse (ABA), ein seit den 1990er Jahren weit verbreitetes Therapieverfahren.
Sind neue Ansätze in der Autismustherapie notwendig?
Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Fortbestehen von Autismus und der Intensität der Interventionen in den ersten 18 Monaten nach Diagnosestellung.
Dr. William Barbaresi, Leiter der Studie, teilt hierzu mit, dass auf diesem Gebiet noch deutlich mehr Forschung notwendig ist. Erst dann kann man verstehen, ob die aktuelle Behandlung für alle Kinder wirklich funktioniert oder ob es alternativer Behandlungsansätze bedarf.
Die Wissenschaftler planen daher eine umfangreichere Untersuchung zur Wirksamkeit verschiedener Therapieansätze bei Kindern mit Autismus.
Autismusdiagnose im Kleinkindalter – nicht immer ein lebenslanger Befund
Selbsthilfe-, Kommunikations- oder Sicherheitsfertigkeiten bei Kinder mit anhaltenden Autismussymptomen im Alter von 5 bis 7 Jahren sind oft geringer ausgeprägt.
Einige Kinder erhielten andere Diagnosen wie Angststörungen oder Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), als sie nicht mehr den Kriterien für Autismus entsprachen.
Harstad betont daher die Bedeutung einer offenen Haltung gegenüber sich verändernden Diagnosen während der Entwicklung eines Kindes. Es sei wichtig, Kinder über einen längeren Zeitraum zu beobachten und Veränderungen in ihrem sozialkommunikativen Verhalten ernst zu nehmen.