Stress in der Schwangerschaft lässt Töchter zu schnell reifen
Dass Schwangere keinen Stress gebrauchen können, ist klar. Aber welche Folgen dieser auf Mädchen später haben kann, wurde in einer neuen Studie untersucht.
Stress in der Schwangerschaft kann dazu führen, dass Mädchen früher als üblich in die Pubertät kommen. Dies ist das Ergebnis einer bahnbrechenden Studie von Wissenschaftlern der University of California – Los Angeles (UCLA).
Die Forscher fanden heraus, dass diese Korrelation nur bei erstgeborenen Mädchen besteht und nicht bei Jungen oder später geborenen Töchtern. Diese 15-jährige Längsschnittstudie wurde im Februar 2024 im Fachjournal «Psychoneuroendocrinology» veröffentlicht.
Die Studie stellt den ersten Beweis für eine Verbindung zwischen vorgeburtlichem Stress und frühzeitiger Nebennierenpubertät dar. Letztere äussert sich durch Symptome wie Körperbehaarungswachstum, Aknebildung und kognitive Reifungsprozesse.
Mysteriös: Nur Erstgeborene betroffen
Die Untersuchung liefert wertvolle Einblicke in das Phänomen des sogenannten «Älteste-Tochter-Syndroms». Es handelt sich dabei um ein soziokulturelles Phänomen, welches besagt, dass älteste Töchter oft bewusst oder unbewusst familiäre Pflichten übernehmen.
Dazu gehören Kinderbetreuung und andere häusliche Arbeiten zur Unterstützung traditioneller elterlicher oder erwachsener Verantwortlichkeiten. Die Forscher rekrutierten Studienteilnehmerinnen aus zwei Geburtskliniken in Südkalifornien während routinemässiger Schwangerschaftsuntersuchungen im ersten Trimester.
Die Frauen waren durchschnittlich 30 Jahre alt, alle mindestens 18 und erwarteten jeweils ein Kind, wobei etwa die Hälfte von ihnen zum ersten Mal schwanger war. Alle sprachen Englisch, 45 Prozent waren weiss bzw. nicht lateinamerikanischer Abstammung und 30 Prozent waren Latinas.
Stress bei Müttern: Ein unsichtbarer Feind
Der Stresslevel der Frauen wurde zu verschiedenen Zeitpunkten während der Schwangerschaft gemessen, um einen Gesamtindex für vorgeburtlichen psychischen Stress zu erstellen. Zudem wurden die Mütter zwei bis drei Monate nach der Geburt befragt, um eine postnatale Belastungskennzahl festzulegen.
Mit acht bis zehn Jahren wurden dann die Biomarker für Nebennieren- und Geschlechtspubertät bei den Kindern gemessen. Dazu gehörten Körperbehaarung, Hautveränderungen sowie Wachstumsschübe oder Brustentwicklung (bei Mädchen) bzw. Stimmwechsel und Bartwuchs (bei Jungen).
Schnellreife Töchter: Evolutionärer Vorteil?
Die leitende Anthropologin Molly Fox deutet an, dass diese frühzeitige Reifung von Erstgeborenen womöglich evolutionär bedingt ist: Diese können ihre Mutter dabei unterstützen, jüngere Geschwister grosszuziehen, während sie selbst noch nicht in der Lage sind, eigene Kinder zu haben.
Diese Studie erweitert unser Verständnis dessen, wie vorgeburtlicher Stress und andere Faktoren die Entwicklung von Kindern beeinflussen können. Es ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu besseren Gesundheitsversorgungs- und Politiklösungen für schwangere Frauen und ihre Nachkommen.