Aufgedeckt: Nach Herzinfarkt schaltet Gehirn in den Schlafmodus
Nach einem Herzinfarkt werden Immunzellen ins Gehirn geschickt und lösen dort einen tiefen, heilenden Schlaf aus. Und das tut richtig gut.
Dass Ruhe nach schweren Erkrankungen oft die wichtigste Medizin ist, ist uns allen klar. Doch hätten Sie gewusst, dass der menschliche Körper diese Ruhephasen sogar selbst einleitet?
Eine Studie, die am 30. Oktober 2024 im Journal «Nature» veröffentlicht wurde, zeigt, dass nach einem Herzinfarkt automatisch eine Art Tiefschlaf ausgelöst wird. Dieser unterstützt die Genesung, indem er Entzündungen im Herzen lindert.
Schlummernde Erholung nach dem Infarkt
In ihrer Studie induzierten die Wissenschaftler bei Mäusen Herzinfarkte und untersuchten anschliessend deren Hirnwellenaktivität. Sie stellten fest, dass diese Mäuse viel mehr Zeit im Slow-Wave-Sleep verbrachten als Mäuse, die keinen Herzinfarkt erlitten hatten.
In dieser Phase des Tiefschlafs finden verschiedene Heilungsprozesse statt. Unklar war für die Forscher jedoch, was diesen Effekt auslöst.
Bekannt war, dass Immunzellen nach einem Herzinfarkt starke Entzündungsreaktionen im Herzen auslösen. Die Wissenschaftler um Pacific Huynh, Jan D. Hoffmann und Teresa Gerhardt fragten sich nun, ob ähnliche immunologischen Veränderungen auch im Gehirn stattfinden, zumal dieses den Schlaf steuert.
Immunzellen als Schlummerboten
Es zeigte sich, dass in den Gehirnen der Mäuse eine grosse Menge von Monozyten präsent waren. Hierbei handelt es sich um Immunzellen, die unter anderem für die Produktion des Tumornekrosefaktors verantwortlich sind.
Dieser gilt als ein wichtiger Regulator von Entzündungen – und fördert interessanterweise gleichzeitig den Schlaf. Denn: Verhinderten die Forscher bei Mäusen die Ansammlung der Monozyten im Gehirn, war auch der Tiefschlaf mit den wichtigen Heilungsfunktionen nicht zu beobachten.
Wurde der Slow-Wave-Sleep bei Mäusen nach einem Herzinfarkt unterbrochen, kam es in der Folge zu deutlich schwereren Entzündungen im Gehirn und im Herzen. Eine weitere Bestätigung der These, dass ungestörter Schlaf nach einem Herzinfarkt essenziell für die Genesung ist.
Mit Schlaf zur Genesung
Ein ähnliches Bild zeigte sich den Forschern bei der Untersuchung von menschlichen Patienten, die einen Herzinfarkt durch einen plötzlichen Stopp der Blutversorgung erlitten hatten. Diejenigen Patienten, die in den Wochen nach solch einem Vorfall schlecht schliefen, hatten ein höheres Risiko für weitere Infarkte.
Zudem wurde eine statistische Häufung weiterer schwerwiegender kardiovaskulärer Probleme in einem von zwei Jahren nach dem Infarkt verzeichnet.
Man hofft nun, dass die Studienergebnisse die ärztliche Praxis direkt beeinflussen werden: Behandlungen und Diagnostik könnten beispielsweise zeitlich so angepasst werden, dass die Schlafphasen bei Patienten nicht unterbrochen werden.