Warum Diabetiker ein höheres Risiko für Lungenkrankheiten haben
Forschungen zeigen, wie bei Diabetikern hohe Blutzuckerspiegel die Funktion wichtiger Zelluntergruppen in den Lungen stören. Die Details dazu erfahren Sie hier.
In den letzten Jahrzehnten wurde festgestellt, dass Menschen mit Diabetes einem stark erhöhten Risiko ausgesetzt sind, schwere Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dieses Risiko steigt weiter an, wenn sich Betroffene mit Viren wie der Grippe oder Bakterien und Pilzen infizieren.
Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie Anfang 2020 bestätigte dieses Phänomen: Menschen mit Diabetes hatten ein deutlich höheres Risiko, eine ernsthafte Form der Viruserkrankung zu entwickeln oder sogar daran zu sterben.
Zu diesem Zeitpunkt war unklar, was der Grund dafür war. Nun weiss man die Antwort.
Der Zusammenhang zwischen hohem Blutzucker und Immunreaktion
Am Weizmann Institute of Science wurde aufgedeckt, wie bei Diabetikern der hohe Blutzuckerspiegel gewisse Zellfunktionen in der Lunge stört. Diese Zellen regulieren normalerweise die Immunantwort des Körpers.
Dabei wurden Mäuse mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes einer Vielzahl viraler Lungeninfektionen ausgesetzt. Genau wie bei Menschen mit der Zuckerkrankheit entwickelten diese Mäuse eine schwere tödliche Lungeninfektion nach Exposition gegenüber Lungenerregern wie Influenza.
Hoher Blutzucker sabotiert Immunzellen
Mithilfe von Experimenten, die sich immunologischen und metabolischen Mechanismen widmeten, wurde eine Dysfunktion bestimmter dendritischer Zellen in der Lunge festgestellt. Letztere sind normalerweise für eine gezielte Immunantwort auf pathogene Infektionen verantwortlich.
Hohe Blutzuckerspiegel stören laut Dr. Samuel Nobs vom Weizmann Institute of Science bestimmte Untergruppen dendritischer Zellen in der Lunge. Dies verhindere, dass die Gatekeeper die molekularen Nachrichten senden, welche die entscheidende Immunantwort aktivieren.
Strategien zur Umkehrung dieser Anfälligkeit
Im Rahmen besagter Experimente wurde nach Möglichkeiten gesucht, um den schädlichen Effekten hoher Zuckerwerte bei dendritischen Lungenzellen vorzubeugen. Ziel war es ausserdem, einen Weg zu finden, das Infektionsrisiko bei diabetischen Tieren zu senken.
Tatsächlich erlangten die Dendritenzellen mithilfe einer strengen Kontrolle des Blutzuckerspiegels ihre Fähigkeit wieder, eine schützende Immunreaktion zu erzeugen. Man fand heraus, dass es möglich ist, diabetesbedingte Anfälligkeiten für virale Lungeninfektionen und deren verheerende Folgen zu blockieren.
Klinische Anwendungsmöglichkeiten
Mit über 500 Millionen Menschen mit Diabetes weltweit und einer erwarteten Zunahme hat diese neue Forschung bedeutende klinische Auswirkungen. Die Ergebnisse legen vielversprechende Entwicklungen nahe.
Erstmals liess sich damit erklären, warum Diabetiker anfälliger für Atemwegsinfektionen sind, erklärt Prof. Eran Elinav vom Weizmann Institute of Science. Die Kontrolle des Blutzuckerspiegels könne dazu beitragen, dieses ausgeprägte diabetesbedingte Risiko zu senken.