Was Eltern über Enzephalitis durch Insektenstiche wissen müssen
Ein vermeintlich harmloser Mückenstich kann bei Kindern schnell lebensgefährlich werden, wenn sich das Gehirngewebe entzündet. Was Sie tun können.

Ein harmloser Sommertag im Garten kann plötzlich zum Albtraum werden – durch einen winzigen Stich, den viele Eltern völlig unterschätzen. Was als gewöhnlicher Insektenstich beginnt, kann sich zu einer lebensbedrohlichen Gehirnentzündung entwickeln, die binnen Stunden das Leben Ihres Kindes für immer verändert.
Enzephalitis ist eine Entzündung des Gehirns, die durch Viren oder Bakterien verursacht werden kann. Die virale Form wird häufig durch Mücken- oder Zeckenstiche übertragen und ist weitaus häufiger, als die meisten Eltern vermuten.

Schätzungsweise 1,5 Millionen Fälle treten pro Jahr auf, trotzdem bleibt das Bewusstsein für diese Krankheit gering. Das liegt unter anderem daran, dass sowohl Überwachung als auch Datenerfassung rund um die Krankheit relativ unzureichend sind.
Der Klimawandel als stiller Treiber der Enzephalitis
Der Klimawandel begünstigt durch steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster die Ausbreitung von Vektoren wie Zecken und Mücken, die wiederum Viren übertragen. Durch die Verlängerung der Aktivitätsperioden dieser Überträger entsteht ein erhöhtes Infektionsrisiko besonders für Kinder in bisher weniger betroffenen Regionen.
Durch wärmeres Klima etablieren sich tropische und subtropische Viren, wie das West-Nil-Virus und FSME-Viren, in neuen Gebieten. Diese Viren werden von infizierten Mücken oder Zecken übertragen, wodurch Kinder als vulnerable Gruppe vermehrt gefährdet sind.
Zusätzlich kann der Klimawandel indirekt die Gesundheitslage von Kindern verschlechtern: Durch veränderte Umweltbedingungen wird das Immunsystem geschwächt und die Prävention vor Infektionen erschwert.
Wie Sie eine Entzündung des Gehirngewebes erkennen
Bei Kindern treten oft zuerst grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen und allgemeine Abgeschlagenheit auf. Zudem kann es zu ungewöhnlicher Reizbarkeit, Trinkverweigerung und Erbrechen kommen, die bei Babys oft schwer zu deuten sind.

Im weiteren Verlauf zeigen sich ernstere Anzeichen wie Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen, Krampfanfälle oder plötzliche Verhaltensänderungen, die dringend ärztliche Hilfe erfordern. Auch neurologische Symptome wie Muskelschwäche, Sprachstörungen oder Lähmungen können auftreten und weisen auf eine fortschreitende Gehirnentzündung hin.
Spätestens wenn sich bei Ihrem Kind eine steife Nackenhaltung, ungewöhnliche Bewegungen oder eine deutliche Wesensveränderung zeigen, sollten Sie handeln. In solchen Fällen ist eine sofortige Vorstellung beim Arzt oder in der Notaufnahme wichtig, um schnell eine Diagnose zu sichern.
Nervenwasseruntersuchung und bildgebende Verfahren sichern die Diagnose
Die Diagnose einer Enzephalitis bei Kindern erfolgt durch eine Kombination verschiedener Untersuchungen. Zunächst wird in der Regel eine Lumbalpunktion durchgeführt, bei der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit entnommen und auf Entzündungszeichen sowie Viren untersucht wird.
Zusätzlich werden bildgebende Verfahren wie MRT oder CT eingesetzt, um das Gehirn genauer zu betrachten und andere Erkrankungen auszuschliessen. Ergänzend können neurologische Untersuchungen und Bluttests wichtige Hinweise liefern, um die Diagnose zu sichern.

Eine Elektroenzephalographie (EEG) kann ebenfalls helfen, die Funktion des Gehirns zu beurteilen und typische Veränderungen bei einer Enzephalitis festzustellen. So lässt sich eine genaue Diagnose erstellen, die für die weitere Behandlung essenziell ist.
Medikamente
Bei einer durch Viren verursachten Entzündung, insbesondere durch das Herpes-simplex-Virus, wird frühzeitig das antivirale Medikament Aciclovir eingesetzt. Bei einer autoimmunen Enzephalitis kommen hochdosierte Kortikosteroide zum Einsatz, oft ergänzt durch Plasmapherese oder die Gabe von Immunglobulinen, um die schädlichen Autoantikörper zu reduzieren.
Falls nötig, werden stärkere immunsuppressive Medikamente wie Rituximab verwendet, die das Immunsystem dämpfen. Die Therapie erfolgt meist im Krankenhaus, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls intensivmedizinisch zu betreuen.
Schutzmassnahmen für Ihr Kind
Impfungen gegen die wichtigsten Erreger wie Masern, Mumps, Röteln und insbesondere die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) sind entscheidend. Sie bieten einen wirksamen Schutz und sollten gemäss den Empfehlungen der Gesundheitsbehörden durchgeführt werden.

Schützen Sie Ihr Kind auch vor Insektenstichen: Das Tragen von heller, körperbedeckender Kleidung, die Verwendung von Mückenschutzmitteln und das Nutzen von Moskitonetzen helfen, Stiche zu vermeiden.
Seien Sie in Risikogebieten vorsichtig und vermeiden Sie Aufenthalt im hohen Gras oder in Wäldern, wo Zecken häufig vorkommen. Untersuchen Sie den Körper Ihres Schatzes nach dem Aufenthalt im Freien und entfernen Sie gegebenenfalls Zecken.