Eine Nacht drüber schlafen? Das sagt die Wissenschaft

Kiran Iqbal
Kiran Iqbal

Kann Schlaf wirklich die schwierigsten Fragen beantworten? Die Wissenschaft sagt: Ja – unter bestimmten Umständen.

Schlafende Frau
Auch im Schlaf arbeitet das Gehirn – über 100'000 Neuronen feuern, während wir träumen. - Depositphotos

Manchmal tauchen die kreativsten Einfälle im Schlaf auf – noch bevor der Wecker klingelt. Untersuchungen belegen: Während der Nacht setzt das Gehirn unermüdlich an Lösungen an, vor allem, wenn wir ihm zuvor eine gezielte Aufgabe mitgeben.

Was passiert wirklich im Schlaf?

Wer tagsüber eine neue Fähigkeit trainiert, etwa eine festgelegte Abfolge von Fingerbewegungen auf einer Tastatur, bringt bestimmte Hirnregionen auf Hochtouren. In der Nacht arbeiten diese Areale weiter, besonders während der leichteren Schlafphasen.

Schlafende Frau, EEG
Schlafspindeln gelten als Taktgeber des Lernens – sie vernetzen frisch Gelerntes mit Altem. - Depositphotos

Dort treten vermehrt sogenannte Schlafspindeln auf – kurze, rhythmische Wellen, die im EEG sichtbar sind. Forscher der Harvard Medical School rund um Dara Manoach zeigten, dass diese Spindeln nach dem Training in beanspruchten Arealen besonders häufig vorkommen.

Je intensiver die nächtliche Aktivität war, desto besser liefen die Bewegungsabläufe am nächsten Morgen. Die Studie belegt: Im Schlaf festigt das Gehirn motorische Fähigkeiten automatisch.

Denkschlaf im Alltag

Viele Forscher vermuten, dass ähnliche Mechanismen auch bei anderen Lernprozessen oder Problemlösungen greifen können. Wer vor dem Einschlafen gezielt ein Problem formuliert und einen «Denkschlaf» einleitet, gibt dem Gehirn einen nächtlichen Arbeitsauftrag.

Eine entspannte Schlafumgebung und wenig Ablenkung optimieren die Verarbeitung. Wer seine Gedanken samt Fragen noch notiert, hält sie auch während der Nacht präsent.

So bestehen morgens mehr Chancen auf kreative Lösungen. Die Wissenschaft zeigt: Besonders klar definierte Inhalte werden nachts oft verbessert, erinnert oder gelöst.

Fähigkeit statt Wunderheilung

Allerdings: Mit dieser tollen Fähigkeit nicht beenden lassen sich Alltagsängste, chronisches Grübeln oder Schlafstörungen. Wer regelmässig erschöpft aufwacht oder von Sorgen geplagt ist, braucht meistens nicht einfach «mehr Schlaf», sondern professionelle Hilfe.

Mann im Bett
Denkschlaf ersetzt keinesfalls eine Therapie. - Depositphotos

Auch Angststörungen, Depressionen oder körperlich bedingte Schlafprobleme wirst du kaum mit Denkschlaf lösen können. Gerade in letzteren Fällen solltest du mindestens auch auf eine medizinische Abklärung setzen.

Fazit: Komplexe Entscheidungen oder auch Themen philosophischer Natur profitieren durchaus von der nächtlichen Verarbeitung in deinem Kopf. Wunder oder schnelle Lösungen für komplizierte Angelegenheiten solltest du jedoch nicht erwarten – sondern die Sache entschlossen selbst am Tag angehen.

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