Warum familiäre Verstrickungen fatal sein können
Eine Familie mit einer engen Bindung kann etwas Schönes sein. Doch wenn familiäre Beziehungen in Abhängigkeiten enden, können die Folgen fatal sein.
Die Familie sollte ein Ort sein, an dem wir uns geborgen und geliebt fühlen. Doch was passiert, wenn diese Bindungen zu eng werden und die Grenzen zwischen den Individuen verschwimmen?
Psychologen sprechen in solchen Fällen von einer sogenannten «Verstrickung» oder (englisch: «Enmeshment»). Als Verstrickung wird das Gefühl einer verschwommenen Trennung von anderen und einem reduzierten Selbstwertgefühl in Beziehungen bezeichnet.
Es bedeutet, dass die Betroffenen ihre eigenen Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse in der Beziehung nicht vollständig erleben oder verstehen können. Dieses Phänomen tritt häufig in familiären Kontexten auf, wo Familienmitglieder nicht differenziert sind und zu abhängig voneinander werden.
Im Netz der Verbindlichkeiten gefangen
Dieses Phänomen tritt besonders häufig in Eltern-Kind-Beziehungen auf. Hier kann eine übermässige emotionale Abhängigkeit entstehen, welche das Kind daran hindert, seine eigene Identität zu entwickeln.
Die Folgen können gravierend sein: Angstzustände, Depressionen oder sogar Suchterkrankungen sind mögliche Konsequenzen dieser toxischen Bindung. Aber diese Art der psychologischen Verstrickung kann auch in erwachsenen Partnerschaften auftreten.
Ein übertrieben starkes Zusammengehörigkeitsgefühl führt dazu, dass individuelle Bedürfnisse vernachlässigt werden. In solchen Beziehungen wird die persönliche Freiheit oft zugunsten der vermeintlichen Harmonie geopfert.
Auswirkungen auf die psychische Gesundheit
Verstrickte Beziehungen sind stressig und können sich auf verschiedene Familiensubsysteme ausbreiten und die persönliche Autonomie behindern.
Dies kann eine erhebliche Belastung für die psychische Gesundheit darstellen, einschliesslich erhöhter emotionaler Verstrickung, Verlust der individuellen Identität und Schwierigkeiten bei der Grenzsetzung.
Auswege aus dem emotionalen Chaos
Die gute Nachricht ist, dass es Wege aus dieser emotionalen Sackgasse gibt. Therapeutische Unterstützung kann dabei helfen, die eigenen Grenzen wiederzuerkennen und zu stärken.
In der Therapie lernen Betroffene, ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und klar zu kommunizieren. Dies ist ein wichtiger Schritt, um sich aus der Verstrickung zu lösen und eine gesunde Selbstständigkeit zu entwickeln.
Durch Gespräche und das Entwickeln von Lösungsstrategien kann der Teufelskreis der Verstrickung durchbrochen werden. Familienmitglieder lernen, einander Raum zu geben und dennoch ein starkes, gesundes Band zu bewahren.
Eine Familienaufstellung kann Aufschluss geben
Ein möglicher therapeutischer Ansatz ist die Familienaufstellung. Diese Methode, die von Bert Hellinger entwickelt wurde, hilft, verborgene Dynamiken in familiären Beziehungen sichtbar zu machen und zu verstehen.
Durch das Aufstellen von Familienmitgliedern in einem Raum können Muster und Verstrickungen erkannt und gelöst werden. Dies ermöglicht es den Beteiligten, ihre Beziehungen neu zu ordnen und gesunde Grenzen zu setzen.
Innerhalb der Familie können ebenfalls Veränderungen angestossen werden. Eine offene Kommunikation über die bestehenden Probleme ist hierbei ein wichtiger erster Schritt.
Auch eigene Entscheidungen der anderen sind was Schönes
Doch wie kann man einer solchen Dynamik von vornherein entgegenwirken? Experten raten dazu, schon früh eine gesunde Balance zwischen Nähe und Distanz in Beziehungen herzustellen.
Kinder sollten ermutigt werden, eigene Entscheidungen zu treffen und dadurch Selbstständigkeit zu entwickeln. Dies fördert nicht nur das Selbstbewusstsein, sondern hilft auch, gesunde, individuelle Grenzen zu setzen.
In Partnerschaften ist es ebenfalls wichtig, einen respektvollen Umgang mit den individuellen Freiheiten des anderen sicherzustellen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse dazu
Forschungsergebnisse zeigen, dass verstrickte Familienstrukturen häufig mit psychischen Problemen bei den Betroffenen korrelieren. Studien belegen, dass Kinder aus solchen Familien ein höheres Risiko haben, später im Leben psychische Störungen zu entwickeln.
Psychologen betonen daher die Wichtigkeit frühzeitiger Intervention und präventiver Massnahmen, um langfristige negative Auswirkungen zu vermeiden. Durch therapeutische Unterstützung und eine offene, respektvolle Kommunikation können Wege aus der Verstrickung gefunden werden.
Langfristig ist es wichtig, eine gesunde Balance zwischen Nähe und Distanz in Beziehungen zu pflegen, um das Wohlbefinden aller Beteiligten zu sichern.