Verheerenden Mythen über psychische Erkrankungen
Millionen Menschen leiden unter psychischen Erkrankungen. Gleichwohl halten sich viele Mythen über Depressionen, Schizophrenie und Co. hartnäckig.
Vorurteile und Fehlinformationen über psychische Krankheiten sind weit verbreitet und führen zu Diskriminierung und Missverständnissen. Von der Annahme, dass Menschen mit mentalen Problemen nicht arbeiten können, bis hin zur absurden Behauptung, dass es mentale Krankheiten gar nicht gibt – die Liste ist lang. Doch was steckt wirklich hinter diesen Mythen? Und welche Folgen haben sie für Betroffene?
In den 1960er Jahren behauptete der Psychiater Thomas Szasz, Schizophrenie existiere nicht. Diese kontroverse Ansicht findet auch heute noch Anhänger. Aber die moderne Wissenschaft hat längst das Gegenteil bewiesen. Nicht nur die Symptome spezifischer Erkrankungen wie Schizophrenie oder Depression sind klar definiert, wir wissen mittlerweile auch, dass diese Zustände biologisch und genetisch bedingt sind.
Mentale Herausforderungen sind zudem keineswegs selten. Jeder fünfte Erwachsene in den USA erlebte im vergangenen Jahr eine solche Situation. Schwere mentale Leiden wie bipolare Störung oder Schizophrenie betreffen sogar jeden zwanzigsten Menschen.
Kinder kennen keine seelischen Leiden
Die Vorstellung von Kindheit als sorgenfreier Zeit lässt viele glauben, Kinder könnten keine mentalen Probleme haben. Doch das ist ein fataler Irrtum. Die Hälfte aller psychischen Störungen zeigt sich bereits vor dem 14. Lebensjahr, drei Viertel treten vor dem 24. Lebensjahr auf.
Dieser Mythos hat verheerende Folgen für junge Menschen: Weniger als 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit mentalen Problemen werden diagnostiziert und behandelt – obwohl eine frühzeitige Therapie die beste Prävention gegen zukünftige Schwierigkeiten darstellt.
Ein weiteres Vorurteil besagt, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen gewalttätig und unberechenbar seien. Dies rührt wohl daher, dass Medien oft Gewaltakte thematisieren und diese mit mentalen Krankheiten in Verbindung bringen.
Tatsächlich sind jedoch die meisten Betroffenen keineswegs gewaltbereit. Von den etwa 5 Prozent der Bevölkerung, die an einer schweren psychischen Erkrankung leiden, würden Sie viele wahrscheinlich nicht einmal als solche erkennen. Sie unterscheiden sich kaum von anderen Menschen in ihrem Umfeld.
Umwelteinflüsse und Genetik
Einst glaubte man, mentale Leiden wären Strafen der Götter oder gar Zeichen dämonischer Besessenheit. Diese Vorstellungen sind heute ebenso veraltet wie die Annahme, persönliche Schwäche sei Auslöser für psychische Krankheiten.
Wissenschaftler haben mittlerweile erkannt, dass genetische Faktoren, physische Bedingungen und Umwelteinflüsse entscheidend sind. Persönlichkeit oder Willensstärke spielen dabei keine Rolle. Jeder kann betroffen sein, vom hochdekorierten General bis zum Supermarktangestellten.
Viele Mythen über psychische Krankheiten entstehen aus Angst vor dem Unbekannten. Doch genau wie wir gelernt haben, verschiedene Sexualitäten und Ethnien zu akzeptieren, müssen wir auch Menschen annehmen, deren Gehirne einfach anders funktionieren.
Wichtig ist immer zu bedenken: Menschen mit mentalen Erkrankungen sind in erster Linie eines – nämlich Menschen. Und sie verdienen unsere Anerkennung und Unterstützung.