Oxytocin: Wunderwaffe für mentale und körperliche Gesundheit?

Marvin Kahlenberg
Marvin Kahlenberg

Am 10.09.2024 - 11:05

Landläufig ist Oxytocin als «Liebeshormon» bekannt. Doch Studien zufolge könnte Oxytocin auch in der Therapie von Krankheiten zum Einsatz kommen.

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Das Liebeshormon als Medikament: Neue Forschungsergebnisse erregen Aufsehen. - Depositphotos

Oxytocin ist bekannt dafür, bei zwischenmenschlichen Bindungen involviert zu sein. Doch neueste Forschungen enthüllen ein weit grösseres Potenzial des Peptids, das sich nicht nur auf Liebe und sozialen Zusammenhalt beschränkt.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass es zahlreiche weitere Einsatzgebiete von Oxytocin gibt – zur Behandlung körperlicher und geistiger Beschwerden.

Oxytocin: Ungeahnte Vielseitigkeit

Das Neuropeptid-Hormon wird im Hypothalamus synthetisiert und in der hinteren Hypophyse ausgeschüttet. Seine Hauptaufgabe wurde bisher vor allem mit Geburt und Stillzeit in Verbindung gebracht.

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Oxytocin ist bei der Mutter-Kind-Bindung involviert. - Depositphotos

Aber: Es spielt auch eine entscheidende Rolle als Neurotransmitter im Gehirn und beeinflusst Empathie, fördert sexuelle Erregung sowie soziale Interaktionen.

In den letzten Jahrzehnten haben weitere Untersuchungen unser Wissen über Oxytocin erweitert – insbesondere hinsichtlich Stressbewältigung, Ängsten und Emotionen. Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Oxytocin sich auch als Medikament als äusserst wirksam erweisen könnte.

Neues Forschungsfeld in der psychischen Gesundheit

Die Forschung zu Oxytocin als Medikament eröffnet vielversprechende Türen – hauptsächlich im Bereich der psychischen Erkrankungen. Angesichts seiner Rolle bei der Bildung sozialer Bindungen wurde die Wirkung von Oxytocin auf Krankheiten untersucht, die mit sozialen Funktionsstörungen verbunden sind, wie Autismus und Schizophrenie.

Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung (ASD) empfinden soziale Interaktionen oft als belastend. Sie fühlen sich häufig einsam und missverstanden.

Es gibt jedoch zunehmende Hinweise darauf, dass Oxytocin dabei helfen kann, diese Probleme zu lindern: Es verbessert nachweislich die Fähigkeit autistischer Menschen zur Interpretation sozialer Signale und fördert ihre gesellschaftliche Integration.

Hoffnung für Herz-Patienten?

Auch bei der Herzgesundheit rückt Oxytocin immer mehr in den Fokus. So kann das Hormon den Blutdruck senken und Entzündungen reduzieren, beides entscheidende Faktoren bei Herzerkrankungen.

Indem es zur Entspannung beiträgt und Stress abbaut, könnte Oxytocin das Herz schützen. Davon profitieren Menschen mit erhöhtem Risiko für Bluthochdruck oder andere kardiovaskuläre Erkrankungen.

Potenzial für Schmerzlinderung

Eine weitere faszinierende Entdeckung ist der Zusammenhang zwischen Oxytocin und Schmerzen. Chronische Schmerzen beeinträchtigen weltweit Millionen von Menschen, die in Konsequenz nicht selten zu opioidhaltigen Medikamenten greifen.

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Oxytocin statt Morphium? Tatsächlich könnte das Hormon in Zukunft als Schmerzmittel zum Einsatz kommen. - Depositphotos

Alternative Schmerztherapien ohne Suchtgefahr werden dringend benötigt. Hier zeigt sich ein weiteres Potenzial von Oxytocin: Es interagiert mit den Schmerzbahnen und fördert die Ausschüttung von Endorphinen.

Dank dieser sogenannten analgetischen Wirkungen kann Oxytocin die Schmerzwahrnehmung reduzieren.

Langzeitstudien für mehr Klarheit

Trotz der wachsenden Begeisterung um das therapeutische Potenzial von Oxytocin ist Vorsicht geboten. Die Auswirkungen des Hormons können je nach Dosierung, Verabreichung und individuellen Unterschieden bei Patienten stark variieren.

Langzeitstudien sind erforderlich, um die Chancen wie Gefahren einer therapeutischen Anwendung von Oxytocin vollständig zu verstehen.

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